Die Azoren – vergessene Inselparadiese?
Letzte Woche
wurde uns mal wieder ein „Azorenhoch“ versprochen. Die Azoren, wo liegen die gleich…? Zöge man ein Band zwischen Portugal und
Nordamerika, fänden sich die Azoren etwa nach dem ersten Drittel.
typische Straße auf Pico |
Für viele
Skipper ist die Azoreninsel Fajal die letzte Anlaufstelle, um noch einmal Vorräte aufzufüllen oder sich in der berühmten
Skipperkneipe „Base Peter Zee“ ihre Post abzuholen. Jede der neun Inseln ist
anders, aber jede Insel ist etwas Besonderes.
1.
Die Insel Pico – noch sehr
ursprünglich und ein Geheimtipp
Pico heißt Spitze
und trifft ganz genau den Anblick der zweitgrößten Azoreninsel.
Vulkan Pico |
Fast genau in
der Mitte des nordwestlichen Teils der langgezogenen Insel lugt eine Felsspitze
aus den Wolken hervor, als wir mit dem kleinen Flugzeug von der Hauptinsel her
den Flughafen bei Madalena ansteuern. Die Felsspitze wird allmählich immer
größer, je mehr sich die Wolken zurückziehen und dann entpuppt sich die kleine
Spitze als stattlicher Berg. Er entstand durch einen Vulkan, ist 2351m hoch und
gibt der Insel seinen Namen.
Lavabad |
Überall auf der Insel finden wir die Vulkansteine,
die teilweise weit ins Meer hineinreichen. Die Menschen auf Pico nutzen sie zum
Mauern. Sei es für ihre Häuser, als Zaunersatz an der Straße oder für die Weideflächen
der Rinder und Ziegen.
Lavamauern |
Die Häuser und ihre Mauern werden anschließend weiß und schwarz angemalt und bilden so das so typische Bild für die Insel.
charakteristische Häuser |
Dann entdecke ich weitreichende
Weinfelder, die sich mit festgemauerten Lavasteinen wie ein riesiges Gazenetz über
die Erde ziehen. Die Steine schützen vor dem Wind und speichern die Wärme des mit
ganzjährigen Temperaturen zwischen 15 und 25 °C sehr angenehmen Klimas.
Lava Weinfelder |
Die
Feuchtigkeit stellt allerdings für die ständigen Bewohner ein Problem dar, wie
wir noch erfahren werden. Im inneren der Häuser ist alles klamm und muss
zusätzlich geschützt werden. Wir sind hier, um im Süden der Insel Pico an mehreren
Walbeobachtungsfahrten teilzunehmen. Hierzu fahren wir am frühen Morgen über
die Insel, direkt am Fuße des Pico vorbei.
Wald auf Pico |
Zum Glück gibt es nicht zu viele
Abzweigungen von der Straße; denn frühmorgens fahren wir durch dichten Nebel. Der
Geruch der feuchten Luft erinnert mich an manchen Stellen an tropischen
Regenwald. Plötzlich kommt uns eine Herde weißer Rinder auf der Straße entgegen
und zwingt uns zum Stopp.
Rinderherde |
Sobald der Nebel verzogen ist, bewundern wir die
grünen Flächen rechts und links, ab und zu von schwarzen Lavasteinen
besprenkelt. Hier wachsen gelbe Ingwerflanzen, rote Montbretien und rechts und
links der Straßen blaue Hortensien, die einen schönen Kontrast bilden.
Hortensien säumen jede Straße, auch die kleineren, die zum Berg hinauf führen.
Es ist ein einmalig schöner Anblick, an manchen Stellen beinahe mystisch,
sobald vereinzelte Nebelschleier dazu kommen.
blaue Hortensien |
In solchen Momenten verstehe ich
die tiefe Gläubigkeit der Menschen, die wir bei einer langen katholischen
Prozession erleben dürfen. Einige der Menschen gehen dabei barfuß über die
steinigen Wege.
katholische Kirche |
Nach etwa 45
Minuten Fahrt kommen wir an der Walbeobachtungsstation in Lajes do Pico im Süden
der Insel an.
Nach einem einstündigen Briefing zum Leben der Wale und Delfine
und unserem richtigen Verhalten beim Kontakt mit ihnen bekommen wir
Schwimmwesten und Regenjacken verpasst.
Das Schlauchboot hat Platz für 12 Leute
und sobald alle gut sitzen, geht es in vollem Tempo mit 600 PS hinaus aufs Meer.
Wir nehmen bei der ersten Fahrt die beiden vorletzten Plätze, bei der zweiten
sogar die letzten. Die Wellen sind nämlich sehr hoch und je weiter man vorn
sitzt, desto höher ist die Auf- und Ab- Bewegung des Schlauchbootes. Platz ist
auf dem Sitz auch noch für unsere Rücksäcke, in die wir unsere Kameras zum
Schutz vor dem Spritzwasser legen, sobald es erforderlich ist. Der Skipper und ein Guide stehen am Heck des
Bootes.
Schlauchboote |
Lajes de Pico war seit 1460 ein Zentrum des Walfangs und mir wird
langsam klar, dass die Geschichte des berühmten Pottwals Moby Dick hier auf den
Azoren geschrieben wurde. Seit den 1980-er Jahren ist der Walfang hier verboten
und einige ehemalige Walfänger orten weiterhin von Beobachtungspunkten an Land
die Wale. Diesmal lotsen sie aber keine Walfängerkollegen dorthin sondern die
Whale Watching Tourboote, die zusätzlich mit Hydrofonen ausgestattet sind.
Rufe
der jungen Wale sollen so die Walmütter nach oben locken. Sobald Wale gesichtet
werden, ist der Motor aus und wir halten mindestens 50 Meter Abstand. Zuerst
begleiten uns immer einige Delfine.
Tümmler |
Es sind am ersten Tag Große Tümmler, die
bekanntesten Delfine, schon wegen Flipper. Meist sehen wir Gruppen von 2 bis 3
Delfinen, von denen einer größer ist. Das ist die Mutter, die mit ihren „Kleinen“
auf Tour ist. „Tursiops trumcatus“ steht
später auf dem Zertifikat, das wir nach Ende der Fahrt erhalten.
Tümmler |
Am zweiten Tag
sind es Rundkopfdelfine, die tatsächlich einen runden Kopf haben und wegen
zahlreicher Narben im Alter fast weiß aussehen. Dann trennen wir uns von den
Delfinen und fahren weiter hinaus, bis wir den ersten Wal entdecken.
Wal, da bläst er |
„Wal, da bläst
er“ hätte es früher geheißen und wir können uns das jetzt richtig vorstellen. Viel
mehr als ab und zu ein kleines Stückchen vom Körper und das regelmäßige Blasen
sehen wir zunächst nicht.
Buckelwal |
Doch dann macht sich der Wal fertig um abzutauchen.
Wir sehen den Buckel und als Abschlussgruß die Schwanzflosse.
Buckelwal |
Pottwale sind an
ihrem klobigen Kopf gut zu erkennen. Am zweiten Tag ist ein junger Pottwal sehr
neugierig. Er schwimmt auf uns zu und taucht ab, um auf der anderen Bootsseite
wieder aufzutauchen. Er hat offenbar genauso viel Freude daran wie wir. Ein
Erlebnis, das wir nicht mehr vergessen werden.
Blick hinunter vom Pico auf Nebenkrater |
Die Insel Pico ist vom Festland
aus nicht direkt erreichbar und dadurch von Touristen noch weitgehend
unbeachtet. Wohl auch deshalb konnte sie weitgehend ihre Ursprünglichkeit
bewahren.
fertig zum Whale Watching |