Montag, 5. November 2018


Die Azoren – vergessene Inselparadiese?

Letzte Woche wurde uns mal wieder ein „Azorenhoch“ versprochen.  Die Azoren, wo liegen die gleich…?  Zöge man ein Band zwischen Portugal und Nordamerika, fänden sich die Azoren etwa nach dem ersten Drittel. 

typische Straße auf Pico


Für viele Skipper ist die Azoreninsel Fajal die letzte  Anlaufstelle, um noch einmal  Vorräte aufzufüllen oder sich in der berühmten Skipperkneipe  „Base Peter Zee“  ihre Post abzuholen. Jede der neun Inseln ist anders, aber jede Insel ist etwas Besonderes.

1.     Die Insel Pico – noch sehr ursprünglich und ein Geheimtipp

Pico heißt Spitze und trifft ganz genau den Anblick der zweitgrößten Azoreninsel. 

Vulkan Pico


Fast genau in der Mitte des nordwestlichen Teils der langgezogenen Insel lugt eine Felsspitze aus den Wolken hervor, als wir mit dem kleinen Flugzeug von der Hauptinsel her den Flughafen bei Madalena ansteuern. Die Felsspitze wird allmählich immer größer, je mehr sich die Wolken zurückziehen und dann entpuppt sich die kleine Spitze als stattlicher Berg. Er entstand durch einen Vulkan, ist 2351m hoch und gibt der Insel seinen Namen. 

Lavabad


Überall auf der Insel finden wir die Vulkansteine, die teilweise weit ins Meer hineinreichen. Die Menschen auf Pico nutzen sie zum Mauern. Sei es für ihre Häuser, als Zaunersatz  an der Straße oder für die Weideflächen der  Rinder und  Ziegen. 

Lavamauern


Die Häuser und ihre Mauern werden anschließend weiß und schwarz angemalt und bilden so das so typische Bild für die Insel. 

charakteristische Häuser


Dann entdecke ich weitreichende Weinfelder, die sich mit festgemauerten Lavasteinen wie ein riesiges Gazenetz über die Erde ziehen. Die Steine schützen vor dem Wind und speichern die Wärme des mit ganzjährigen Temperaturen zwischen 15 und 25 °C sehr angenehmen Klimas. 

Lava Weinfelder

Die Feuchtigkeit stellt allerdings für die ständigen Bewohner ein Problem dar, wie wir noch erfahren werden. Im inneren der Häuser ist alles klamm und muss zusätzlich geschützt werden. Wir sind hier, um im Süden der Insel Pico an mehreren Walbeobachtungsfahrten teilzunehmen. Hierzu fahren wir am frühen Morgen über die Insel, direkt am Fuße des Pico vorbei. 

Wald auf  Pico


Zum Glück gibt es nicht zu viele Abzweigungen von der Straße; denn frühmorgens fahren wir durch dichten Nebel. Der Geruch der feuchten Luft erinnert mich an manchen Stellen an tropischen Regenwald. Plötzlich kommt uns eine Herde weißer Rinder auf der Straße entgegen und zwingt uns zum Stopp. 

Rinderherde


Sobald der Nebel verzogen ist, bewundern wir die grünen Flächen rechts und links, ab und zu von schwarzen Lavasteinen besprenkelt. Hier wachsen gelbe Ingwerflanzen, rote Montbretien und rechts und links der Straßen blaue Hortensien, die einen schönen Kontrast bilden. 



Hortensien säumen jede Straße, auch die kleineren, die zum Berg hinauf führen. Es ist ein einmalig schöner Anblick, an manchen Stellen beinahe mystisch, sobald vereinzelte Nebelschleier dazu kommen. 

blaue Hortensien


In solchen Momenten verstehe ich die tiefe Gläubigkeit der Menschen, die wir bei einer langen katholischen Prozession erleben dürfen. Einige der Menschen gehen dabei barfuß über die steinigen Wege.

katholische Kirche

Nach etwa 45 Minuten Fahrt kommen wir an der Walbeobachtungsstation in Lajes do Pico im Süden der Insel an. 



Nach einem einstündigen Briefing zum Leben der Wale und Delfine und unserem richtigen Verhalten beim Kontakt mit ihnen bekommen wir Schwimmwesten und Regenjacken verpasst. 



Das Schlauchboot hat Platz für 12 Leute und sobald alle gut sitzen, geht es in vollem Tempo mit 600 PS hinaus aufs Meer. Wir nehmen bei der ersten Fahrt die beiden vorletzten Plätze, bei der zweiten sogar die letzten. Die Wellen sind nämlich sehr hoch und je weiter man vorn sitzt, desto höher ist die Auf- und Ab- Bewegung des Schlauchbootes. Platz ist auf dem Sitz auch noch für unsere Rücksäcke, in die wir unsere Kameras zum Schutz vor dem Spritzwasser legen, sobald es erforderlich ist.  Der Skipper und ein Guide stehen am Heck des Bootes. 

Schlauchboote

Lajes de Pico war seit 1460 ein Zentrum des Walfangs und mir wird langsam klar, dass die Geschichte des berühmten Pottwals Moby Dick hier auf den Azoren geschrieben wurde. Seit den 1980-er Jahren ist der Walfang hier verboten und einige ehemalige Walfänger orten weiterhin von Beobachtungspunkten an Land die Wale. Diesmal lotsen sie aber keine Walfängerkollegen dorthin sondern die Whale Watching Tourboote, die zusätzlich mit Hydrofonen ausgestattet sind. 



Rufe der jungen Wale sollen so die Walmütter nach oben locken. Sobald Wale gesichtet werden, ist der Motor aus und wir halten mindestens 50 Meter Abstand. Zuerst begleiten uns immer einige Delfine. 


Tümmler

Es sind am ersten Tag Große Tümmler, die bekanntesten Delfine, schon wegen Flipper. Meist sehen wir Gruppen von 2 bis 3 Delfinen, von denen einer größer ist. Das ist die Mutter, die mit ihren „Kleinen“ auf Tour ist.  „Tursiops trumcatus“ steht später auf dem Zertifikat, das wir nach Ende der Fahrt erhalten. 

Tümmler

Am zweiten Tag sind es Rundkopfdelfine, die tatsächlich einen runden Kopf haben und wegen zahlreicher Narben im Alter fast weiß aussehen. Dann trennen wir uns von den Delfinen und fahren weiter hinaus, bis wir den ersten Wal entdecken. 

Wal, da bläst er


„Wal, da bläst er“ hätte es früher geheißen und wir können uns das jetzt richtig vorstellen. Viel mehr als ab und zu ein kleines Stückchen vom Körper und das regelmäßige Blasen sehen wir zunächst nicht.

Buckelwal

Doch dann macht sich der Wal fertig um abzutauchen. Wir sehen den Buckel und als Abschlussgruß die Schwanzflosse. 

Buckelwal

Pottwale sind an ihrem klobigen Kopf gut zu erkennen. Am zweiten Tag ist ein junger Pottwal sehr neugierig. Er schwimmt auf uns zu und taucht ab, um auf der anderen Bootsseite wieder aufzutauchen. Er hat offenbar genauso viel Freude daran wie wir. Ein Erlebnis, das wir nicht mehr vergessen werden. 

Blick hinunter vom Pico auf Nebenkrater

Die Insel Pico ist vom Festland aus nicht direkt erreichbar und dadurch von Touristen noch weitgehend unbeachtet. Wohl auch deshalb konnte sie weitgehend ihre Ursprünglichkeit bewahren.


fertig zum Whale Watching