In und um Yerevan
"Neues vom Sender Erewan", so begannen oft die Witze in meiner Kindheit. Wo Yerevan liegt, wussten wir damals nur vage…. Das Genozid-Denkmal habe ich schon vorgestellt. Es steht auf einem Hügel oberhalb der Stadt. Von hier haben wir eine wunderbare Sicht auf die Stadt und in die Berge.
Blick auf Yerevan |
Der Blick hinab auf die Stadt, mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund, ist wahnsinnig beeindruckend.
Mutter Armenia
Mutter Armenia |
Ebenfalls auf einem Hügel steht die große Mutter Armenia (Mayr Hayastan). Sie wurde so platziert, dass sie von einigen großen Straßen unten in der Stadt gut zu erkennen ist. Aber Mutter Armenia gehört auch zu den höchsten Statuen der Welt. Die Höhe des Denkmals beträgt insgesamt 73 Meter und teilt sich in 50 Meter Sockel und 23 Meter Figur.
Denkmal der Mutter Armenia |
Mir erscheint sie ein wenig zu militärisch. Die Mutter Armenia symbolisiert Frieden durch Stärke und trägt daher ein starkes Schwert in den Händen.
Oben von dem Hügel aus können wir ganz Yerevan überblicken. Im Sockel befindet sich das Mutter Armenia-Museum des Verteidigungsministeriums. Einige Militärfahrzeuge sind rund um das Museum ausgestellt.
Eingang zum Militärmuseum |
Jedes Jahr am 9. Mai gedenken Hunderte Armenier hier der Toten Armeniens. Heute spielen einige Kinder in und um einen der aufgestellten Panzer und in mir kommen unangenehme Erinnerungen aus der Kinderzeit hoch. Hier in Armenien ist der russische Einfluss überall noch sehr stark spürbar.
Platz der Republik
nächtliche Wasserspiele mit Musik |
Am Deutlichsten erleben wir den russischen Einfluss an einem Abend, als wir ohne die Kinder einen Spaziergang zum Platz der Republik unternehmen.
Platz der Republikin der Nacht toll beleuchtet |
Die protzigen Sandsteingebäude rund um den Platz sehen toll aus und sollen offensichtlich Stärke widerspiegeln. Plötzlich hält ein Autokonvoi, alles rumdum wird blitzschnell abgesperrt und einige wichtige Leute gehen ins Regierungsgebäude.
beleuchtete Litfaßsäule |
Die Polizisten haben Uniformen mit riesigen Hüten und erinnern uns an russisches Militär.
Marriott Hotel am Platz der Republik |
Der Platz der Republik ist tatsächlich der zentrale Platz Yerevans. Die Bauten entstanden in den Zwanziger Jahren. Den Plan hatte der armenische Architekt Alexander Tamanjan entworfen. Rings um den Platz entstanden Regierungsgebäude, das Hotel Armenia (jetzt Marriott), ein großes Postamt und das Historische Museum mit der staatlichen Gemäldegalerie.
Wasserspiele mit Musik |
Abends gibt es farbige Wasserspiele nach klassischer Musik. An einem der Gebäude entdecke ich das Emblem mit Hammer und Sichel. Wir gehen in die Post hinein und hier ist sie wieder: diese militärische Atmosphäre. Dann werden wir an einen Schalter gewunken und ich gebe die vorbereiteten Karten ab. Briefmarken werden aufgeklebt und ich bezahle. Dabei habe ich das Gefühl, gleich festgenommen zu werden.
Platz der Republik |
Es ist zum Lachen, aber ich war froh, als ich wieder draußen war. Meinem Mann, der keine DDR (als Betroffener) erlebt hat, will sogar verhindern, dass ich das Innere der Post fotografiere. Habe ich ihn angesteckt? Nein, die Atmosphäre ist wirklich so.
Museum für Völkerkunde
Das Museum für Völkerkunde Armeniens besuchen wir an einem der letzten Tage. Es steht ebenfalls am Platz der Republik und leider ist hier ganz striktes Fotografier - Verbot.
Museum für Völkerkunde |
Das Museum selbst ist sehr umfangreich und wahnsinnig interessant, insbesondere die Hallen mit der Frühzeit. Manches ist auch in englischer Sprache erläutert, andere Tafeln zeigen nur armenische Zeichen oder zusätzlich russische Übersetzungen.
Karte des früheren Armenien |
Unsere Schwiegertochter ist dabei und kann manches übersetzen, denn mein Russisch ist etwas eingerostet. In jedem Raum gibt es mindestens eine Aufpasserin, die darauf achtet, dass ja kein Foto gemacht wird und dass auch der richtige Weg eingehalten wird. Einmal wird es Gerd zu bunt und er macht die Geste einer "Aufseherin" nach. Sie kann sogar lächeln, als sie das sieht. Aber nur kurz. Es ist wirklich eigenartig.
Piazza Italia
Piazza Italia |
Außerhalb solch offizieller Häuser und Plätze Yerevans begegnen uns nirgends solch verkniffene und ernste Gesichter. Wir erleben eher eine Gelassenheit und Offenheit, die verwundert, wenn man weiß, dass die Mehrzahl der Armenier bettelarm ist. In Yerevan haben wir beinahe das Gefühl, es gäbe diese Armut gar nicht.
Das liegt daran, dass in Yerevan und insbesondere in den teuren Gegenden des Zentrums fast nur reiche Armenier leben, die hier auch die vielen Restaurants und Cafés nutzen.
Was hier ein Essen kostet (oder ein Eisbecher), verdienen manche Armenier an einem ganzen Arbeitstag. Diese Piazza im Zentrum ist mit neuen Bauten und einigen netten Restaurants bestückt.
Viele Wohnungen stehen noch immer leer. Und die teuren Markengeschäfte haben nur selten Kunden. Der Platz aber ist abends, teilweise auch tagsüber, jeden Tag sehr belebt. Uns wird gerade hier immer wieder der große Gegensatz zwischen sehr reichen und sehr armen Armeniern ganz deutlich bewusst.
Wir aber genießen die Zeit hier bei den Kindern. Und abends führen sie uns in einige der schönsten Lokale der Umgebung.
Restaurants
Tawerna Erevan
Tavern Yerevan |
Gleich zu Anfang dürfen wir ein typisches armenisches Restaurant erleben, in dem es nicht nur tolles armenisches Essen gibt (hier zu sehr angenehmen Preisen), sondern in dem nebenbei auch noch Kultur geboten wird.
Tavern Yerevan |
Die Tavern Yerevan liegt in der Amiryan Straße Nr.5, im Zentrum von Yerevan.
Tavern Yerevan |
Zu den armenischen Vorspeisen gehört immer frisches Grün (Zwiebeln, Oregano,Petersilie) und verschiedene Käsesorten wie der Bindfadenkäse, Ziegen- und Schafskäse. Lavash, das traditionelle armenische Brot, darf auch nicht fehlen. Wir probieren Fleischspieße, die als Kebab, einmal Huhn, einmal Rindfleisch, bezeichnet werden und Gerd ist sogar von gegrillten Lammstückchen begeistert.
Club Yerevan
Ein andermal essen wir im Club Yerevan , 4ma0 Tunyan Poghots.
Club Yerevan |
Erst müssen wir im Cafe warten, da noch Livemusik läuft, dann aber geht es ins Restaurant. Wir bekommen erst die üblichen armenischen Vorspeisen, dann Steak auf heißer Steinplatte.
Restaurant im Club Yerevan |
Es schmeckt fantastisch. Wir haben Mühe, das riesige Steak zu schaffen.
Taboule Lebanese Restaurant
Taboule Lebanese Restaurant |
Taboulé besteht aus glatter Petersilie und feinem Bulgur (oder Couscous) sowie Tomaten, Frühlingszwiebeln oder Schalotten, Olivenöl, etwas Wasser und Zitronensaft. Gewürzt wird Taboulé mit frischer Pfefferminze sowie Salz und Pfeffer.
Terrazza Lounge
Terrazza Lounge |
Die Terrazza Lounge in der Isahakyan Str. 28 ist Bar und Restaurant zugleich. Der Loungebereich beginnt schon im Freien und ist dort mit sehr großen Sonnenschirmen überdacht.
Terrazza Lounge |
Im Inneren des Hauses ist dann ein weiterer, großzügig gestalteter Loungebereich mit Sofas und Sesseln bestückt. Alles wirkt unbedingt edel. Daneben gibt es einige Tische mit Stühlen für Restaurantgäste.
Terrazza Lounge |
Das Essen ist armenisch/kaukasisch, aber auch international. Wir essen wieder Steaks und sie sind sehr gut, auch die Vorspeisen schmecken super. Dies ist aber ein eher teures Restaurant, selbst für uns.
Die Blaue Moschee
Blaue Moschee |
Die Blaue Moschee in Yerevan möchte ich unbedingt besuchen, zumal ich hörte, dass man sie auch als "Ungläubige" betreten darf. Ich hatte noch nie Gelegenheit, eine Moschee im Inneren zu sehen.
Blaue Moschee |
Es ist eine iranische Moschee, die 1765 im Auftrag von Hussein Ali Khan, dem Gouverneur von Yerevan, erbaut wurde.
Blaue Moschee - Hinteransicht |
Sie wurde in den Jahren 1996 bis 1999 restauriert, auch mit Hilfe des Iran. Wir dürfen die Moschee 10-13 Uhr bzw. 15-18 Uhr besichtigen und erhalten eine Führung in englischer Sprache.
Gebetsraum in der Blauen Moschee |
Die zentrale Bethalle von 442 Quadratmetern ist weitgehend den Männern vorbehalten, die Frauen stehen abseits, hinter einer Abtrennung.
Minarett |
Der Hauptdom mit seiner Kuppel ist 20 Meter hoch, das Minarett 26 Meter hoch. Es wird immer noch rekonstruiert.
Räume der Moslemschule |
Wir sehen auch die Bücherei und den Garten der Anlage, um den sich 26 kleinere Räume für eine Moslemschule gruppieren.
Blick in den Garten |
Einkaufen am Markt und in der Vernissage
Vernissage |
Einkaufen wollen wir auch noch, das erweist sich allerdings als etwas schwierig. Es gibt Touristenläden, die aber zumeist echten Kitsch verkaufen und den zu hohen Preisen. Ein typisches Bild hätte ich mir gern mitgenommen, aber ich finde dann keines, das mir wirklich zusagt.
Eine sogenannte "Vernissage" in der Stadt soll Abhilfe schaffen. Als wir die "Vernissage" erreichen, möchte ich fast lachen. Ich stellte mir eine Künstlergegend vor und was erwartet uns? Eine Art Markt mit Gegenständen für Touris. Nicht viel mehr als in den Touriläden, dafür um einiges günstiger.
Wir kaufen eine Tischdecke im armenischen Muster und haben Mühe, eine quadratische für unseren runden Tisch zu finden. Anschließend kaufe ich mir bei einem anderen Händler eine Flöte mit zwei Mundstücken. Plötzlich wird Gerd von einer Händlerin am Anfang des Marktes angesprochen. In welcher Sprache, weiß ich nicht, wohl in Russisch. Sie wollte wissen, warum wir nicht die Tischdecke bei ihr gekauft hätten.
Bazar mit Gegenständen des täglichen Bedarfs |
Anschließend besuchen wir noch den Bazar, einen "richtigen" Markt und Gerd kauft sich für 15 Euro ein paar luftige Halbschuhe. Der Markt wirkt etwas dunkel und alles ist mit einfachsten Mitteln aufgebaut. Aber die Ware ist gut, die Schuhe halten nun schon ein paar Jahre.
Yerevan ist auf dem Weg, eine moderne Stadt zu werden und ein totaler Gegensatz zu den armen Dörfern rundum im Land. Hier leben vorwiegend die Oligarchen mit ihren Familien.
Die nettesten Menschen haben wir meist außerhalb Yerevans Zentrum getroffen und die aller nettesten auf dem Land. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung in Armenien bald geeignete Maßnahmen ergreift, um die Schere nicht immer weiter auseinander klaffen zu lassen.
Momentan sieht es aber noch nicht danach aus. 5 Jahre nach dieser beeindruckenden Reise hat sich die Lage für die Bevölkerung weiter verschlechtert.
Fazit
Yerevan ist auf dem Weg, eine moderne Stadt zu werden und ein totaler Gegensatz zu den armen Dörfern rundum im Land. Hier leben vorwiegend die Oligarchen mit ihren Familien.
Die nettesten Menschen haben wir meist außerhalb Yerevans Zentrum getroffen und die aller nettesten auf dem Land. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung in Armenien bald geeignete Maßnahmen ergreift, um die Schere nicht immer weiter auseinander klaffen zu lassen.
Momentan sieht es aber noch nicht danach aus. 5 Jahre nach dieser beeindruckenden Reise hat sich die Lage für die Bevölkerung weiter verschlechtert.
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